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Armut in Deutschland - wen betrifft es am stärksten?

#StopUngleichheit

06.06.2018 |





#StopUngleichheit

Die Nationale Armutskonferenz zu SDG1 - Armut beenden

Barbara Eschen. Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz und Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Zu welchem SDG handelt die Nationale Armutskonferenz vorwiegend?
Die Nationale Armutskonferenz setzt sich seit mittlerweile 27 Jahren für eine aktive Politik der Armutsbekämpfung ein. Damals war es eine weitverbreitete Meinung, dass es Armut in Deutschland eigentlich gar nicht gibt. Das hat sich mittlerweile geändert und auch die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen tragen dazu bei, Armut und Ungleichheit auch im Globalen Norden in den Blick zu nehmen. Für die NAK ist SDG 1 daher von besonderem Interesse.

Warum ist SDG 1 – Armut Beenden – relevant in Deutschland, wen betrifft es am meisten und haben wir in Deutschland Fortschritte seit Beschluss der Agenda 2030 gemacht? 
SDG 1 bzw. Armutsbekämpfung ist in Deutschland relevant, weil es Armut auch hier gibt: 16,5 Prozent der Menschen sind arm oder armutsgefährdet, das heißt, sie haben weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zum Leben. Im Alltag bedeutet Armut: Kein Geld fürs Kino, Schwimmbad oder Café. Gehen Kühlschrank oder Brille kaputt, ist das dramatisch. Die Armutsrisiken sind allerdings sehr ungleich verteilt. Besonders gefährdet sind Alleinerziehende – und das sind zumeist Frauen, Beschäftigte im Niedriglohnsektor, kinderreiche Familien sowie Frauen im Rentenalter.

Werden wir uns dem SDG 1 – Armut in Deutschland beenden – bis zum Jahr 2030 nähern oder weiter entfernen?
Um Armut in Deutschland zu beenden, tut die Bundesregierung noch nicht genug. Leider ist die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung in Hinblick auf SDG 1 auch nicht ambitioniert genug, um Armut wirksam und nachhaltig zu bekämpfen. In dieser wird beispielsweise der Abbau von Arbeitslosigkeit hervorgehoben. Vernachlässigt wird hier jedoch, dass trotz einer guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und dem Rückgang der Erwerbslosigkeit die Armutsrisikoquote in den letzten Jahren nicht zurückgegangen ist. Die Zahl der von Armut bedrohten Menschen ist in Deutschland unverändert hoch. Eine Ursache liegt im wachsenden Niedriglohnsektor. Das Beschäftigungswachstum ergibt sich zu einem großen Teil aus dem Anwachsen geringfügiger, nicht existenzsichernder Teilzeitstellen und anderer atypischer Arbeitsverhältnisse. Zwar wurden viele neue Jobs geschaffen, aber das sind oftmals schlecht bezahlte Stellen ohne Sozialversicherung. Vor allem Frauen sind davon betroffen: Sie machen zwei Drittel aller Minijobber aus und haben damit auch ein deutlich größeres Risiko, im Alter arm zu sein.

Mit welchen Aktivitäten versucht die Nationale Armutskonferenz die Agenda 2030 und vor allem SDG 1 (unter Berücksichtigung von Frauen) in Deutschland zu erreichen?
Die Mitgliedorganisationen der Nationalen Armutskonferenz engagieren sich gemeinsam gegen Armut und Ausgrenzung. Einerseits, indem wir uns in Richtung Politik kritisch einbringen. Also klassische Lobbyarbeit. Darüber hinaus informieren wir über Armut in Deutschland – in Interviews, Publikationen und Veranstaltungen. Und schließlich spielt die Betroffenenbeteiligung eine zentrale Rolle: Menschen mit Armutserfahrung arbeiten in allen Gremien und Arbeitsgruppen der NAK mit.

Geschlechtergerechtigkeit ist uns bei alledem sehr wichtig. Im letzten Jahr haben wir daher die Broschüre "Armutsrisiko Geschlecht" veröffentlicht. Darin kommen neben Expertinnen auch betroffene Frauen zu Wort. 

Was kann jede(r) von uns als Bürger(in) tun, um zur Umsetzung des SDG 1 beizutragen?
Um Armut zu bekämpfen, ist in erster Linie die Politik in der Pflicht. Das machen wir auch immer wieder deutlich. Es geht hierbei nicht um Almosen für Betroffene, sondern um soziale Rechte. Deutschland hat bereits 1968 den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte unterzeichnet. In diesem ist beispielsweise geregelt, dass jeder Mensch in Deutschland das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard hat. Dazu gehören eine angemessene Ernährung, Kleidung, eine Wohnung und das Recht auf Gesundheitsversorgung.

Welche konkrete Forderung hat die Nationale Armutskonferenz an die Politik, die zur Umsetzung des SDG 1 beitragen kann?
Wichtig wäre die Eindämmung des Niedriglohnsektors. Beschäftigungswachstum ist wichtig – das sollte aber gute Arbeit bedeuten, nicht Arbeit um jeden Preis. Wir brauchen außerdem eine faire und transparente Berechnung der Regelsätze in der Grundsichtung, um allen Menschen das sozio-kulturelle Existenzminimum zu garantieren. Dann müssen wir endlich Schritte einleiten, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen und zu verhindern, dass Armut in Deutschland vererbt wird. 

In Hinblick auf Geschlechtergerechtigkeit gilt es, den Gender-Pay-Gap zu schließen, das heißt mehr Vollzeitjobs für Frauen und gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit. Zudem darf Sorgearbeit für Kinder oder zu pflegende Angehörige nicht länger die Ursache dafür sein, in Armut zu geraten. Dafür braucht es eine besser ausgebaute Betreuungsinfrastruktur. 

 

Webseite Nationale Armutskonferenz: www.nationale-armutskonferenz.de/

Die Kampagne #StopUngleichheit wird von der Europäischen Union finanziell unterstützt. Die inhaltliche Ausrichtung liegt jedoch in der alleinigen Verantwortung von WECF e.V., sie gibt unter keinen Umständen die Positionen der Europäischen Union wieder.


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