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Was ist SAICM - und wozu braucht man das?

Eine kurze Einführung in den Strategischen Ansatz zum Internationalen Chemikalienmanagement und die UN Chemikalienpolitik

03.09.2019 |




Chemikalien sind überall. Sie stecken in Alltagsgegenständen, in Baumaterialien, Spielzeug, Kosmetika, Kunststoffen und gelangen als Pestizide in die Umwelt. Sie erleichtern unser modernes Leben. Allerdings hat ihre weltweite Verbreitung auch dazu beigetragen, dass die Belastung von Umwelt und Gesundheit durch schädliche Chemikalien längst zum globalen Problem geworden ist. Nach Aussagen der WHO sterben weltweit jährlich 1,6 Millionen durch die Einwirkung gefährlicher Chemikalien. Diese Tendenz bestätigt auch der „Global Chemicals Outlook“, ein Zustandsbericht, über die Belastung von Mensch und Umwelt durch gefährliche Chemikalien, den das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) im Frühjahr 2019 veröffentlich hat. Deshalb ist es wichtig, dass Chemikalien, die Gesundheit und Umwelt belasten, durch ungefährliche ersetzt werden, ihr Gebrauch eingeschränkt wird oder sie verboten werden.

Dies erkannte auch die Staatengemeinschaft und vereinbarte deshalb bereits 2002, auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg, die negativen Auswirkungen von Chemikalien auf die menschliche Gesundheit und Umwelt bis 2020 zu minimieren. Zur Umsetzung dieses Ziels entstand dann im Jahr 2006 auf der Konferenz von Dubai die erste Rahmenvereinbarung zur Globalen Chemikalienstrategie SAICM: Strategic Approach to International Chemical Management. 

SAICM, zu Deutsch Strategischer Ansatz zum Internationalen Chemikalienmanagement, ist ein völkerrechtlich nicht bindender, freiwilliger Prozess, der verschiedene staatliche und nichtstaatliche Stakeholder aus unterschiedlichen Sektoren wie Politik und Industrie zusammenbringt. Ziel ist ein nachhaltiges Chemikalienmanagement entlang des gesamten Lebenszyklus als Ziel. Damit unterstützt SAICM heute auch die Nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) der Vereinten Nationen. 

Wer es genauer wissen möchte - Was sind die Kerntexte von SAICM?

  • Die Dubai Erklärung von 2006 ist die offizielle Vereinbarung der Stakeholder zu SAICM. Darin bestätigen die Vertragspartner auf höchster Ebene, dass ein globaler Einsatz notwendig ist, um das öffentliche Gesundheitswesen und die Umwelt vor Chemikalien zu schützen, ohne die eine nachhaltige Entwicklung nicht möglich ist. Die Dubai Deklaration nennt die Probleme, die bearbeitet werden müssen wie die begrenzte Kapazität des Globalen Südens, um Chemikalien zu kontrollieren, die Folgen für Arbeiter*innen, die Chemikalien ausgesetzt sind, die Abhängigkeit der Agrarwirtschaft von Chemikalien und die Besorgnis über negative Langzeiteffekte von Chemikalien für Mensch und Umwelt.

  • The overarching policy strategy (OPS): Hier sind unter anderem der Umfang und die Ziele von SAICM festgelegt, die zugrunde liegenden Prinzipien und finanzielle Vereinbarungen. Auch wird bestätigt, dass die aktuellen internationalen politischen Rahmenvereinbarungen für Chemikalien nicht ausreichen, dass viele Länder nicht genügend Kapazitäten und Informationen haben, Chemikalien sachgerecht uns sicher zu managen. Mit der Verabschiedung der OPS und der Dubai Deklaration durch die erste Konferenz zu internationalem Chemikalienmanagement (ICCM 1) bekräftigten die Vertragspartner die feste Vereinbarung zu SAICM und dessen Umsetzung. 

  • A Global Plan of Action (GPA): Hier sind Arbeitsfelder und Aktivitäten von SAICM festgelegt. Der SAICM Global Plan of Action wurde als weiter zu entwickelndes Werkzeug und Anleitung zur Umsetzung von SAICM angelegt. 

Was ist der Hauptfokus von SAICM und woran hapert es? 

Im Fokus von SAICM steht und stand der Aufbau eines globalen institutionellen Prozesses mit strategischen Zielen und Unterzielen, nationalen Aktionsplänen, Berichtspflichten und Peer-Review-Mechanismen sowie dem Ausbau nationaler Kapazitäten und länderübergreifender Partnerschaften. Eine große Herausforderung stellen die bisher unzureichende Finanzierung für den Kapazitätsaufbau in Ländern des Globalen Südens und der mangelnde Umsetzungswillen einzelner – insbesondere Industrie- und Schwellenländer dar. Das hat schließlich auch dazu geführt, dass viele der bis 2020 gesteckten Ziele nicht erreicht werden konnten.

Was hat SAICM mit den anderen Chemikalienprozessen zu tun? 

Unter dem Dach des Umweltprogramms der Vereinten Nationen gibt es schon einige Abkommen, die die Gefahren durch Chemikalien für Mensch und Umwelt eindämmen wollen. Hier eine kleine Übersicht:  

  • Die Basel Konvention (1989) regelt die Kontrolle grenzüberschreitender Transporte gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung. Die Basel Konvention leichter verstehen? Hier klicken

  • Die Rotterdamer Konvention (2004) regelt, wie im internationalen Handel mit bestimmten gefährlichen Chemikalien verfahren werden muss und ist das erste internationale Vertragswerk zum Import und Export von Chemikalien. Die Rotterdam Konvention leichter verstehen? Hier klicken

  • Mit der Stockholm Konvention (2004) wird der Einsatz von  bestimmten langlebigen organischen Schadstoffen (POP – persistent organic pollutants) eingeschränkt oder verboten. Die ursprünglich zwölf verbotenen Stoffgruppen werden auch als „Dirty Dozen“ bezeichnet. Mittlerweile sind weitere hinzugekommen. Die Stockholm Konvention leichter verstehen? Hier klicken

  • Die noch junge Minamata Konvention (2017) ist ein Vertrag, mit dem das Vorkommen des hirn- und nervenschädlichen Schwermetalls Quecksilber eingedämmt werden soll. Die Minamata Konvention leichter verstehen? Hier klicken

  • Im Montreal Protokoll (1989) verpflichten sich die Vertragsstaaten dazu, die Ozonschicht der Erde zu schützen und dafür chlor- und bromhaltige Chemikalien vollständig abzuschaffen. Das Montreal leichter verstehen? Hier klicken

Die Aufgabe von SAICM ist es, diese Abkommen und andere Ansätze und Programme im Chemikaliensektor mit seinem weiteren und übergreifenden Ansatz zu unterstützen und zu ergänzen, denn die genannten Konventionen regeln nur einen Bruchteil der Chemikalien, die weltweit angewendet werden. Zum Beispiel sind über die Konventionen nur ein Prozent der Pestizide geregelt, die im Einsatz sind.

Wie läuft der SAICM Prozess? 

Gesteuert wird der SAICM-Prozess von der Internationalen Konferenz zu Chemikalienmanagement (ICCM). Die vierte Internationale Konferenz zu Chemikalienmanagement (ICCM 4) hat 2015 beschlossen, in einem so genannten ‚Intersessionalen Process’ bis 2020 einen Nachfolgeprozess zum Internationalen Chemikalienmanagement zu erarbeiten. In verschiedenen Treffen (IP2, IP2, Ip3, IP4 und ‚Open Ended Working Group (OEWG)‘) verhandeln die Stakeholder über die Ausgestaltung eines SAICM 2.0. 

Im Oktober 2020 findet in Bonn die 5. Internationale Konferenz zum Chemikalienmanagement (ICCM 5) statt, die schließlich über den Folgeprozess entscheiden wird.

Wer ist in Deutschland zuständig? 

In Deutschland ist das Umweltbundesamt die Kontaktstelle für den SAICM Prozess (Fachbereich „Internationales Chemikalienmanagement“) in Zusammenarbeit mit dem Bundesumweltministerium. Deutschland vertritt die UN Region „Western Europe and Others Group“ und hat die Präsidentschaft für die ICCM5 inne.

Aufgabe der Bundesregierung ist es in erster Linie, Maßnahmen zur Umsetzung des Strategischen Ansatzes zu ergreifen.

Warum ist SAICM gerade jetzt ein Thema?

Erstens ist das Thema Verringerung schädlicher Chemikalien dringender denn je, wenn wir neben einem Klimakollaps nicht auch noch einen Chemikalienkollaps erleiden wollen, wobei Klima und Chemikalienkollaps sich eng berühren.

Zweitens endet das Mandat von SAICM 2020. In die Verhandlungen für den Nachfolge Prozess sollen möglichst viele Sektoren mit einbezogen, denn Chemikalienpolitik berührt viele politische und gesellschaftliche Bereiche.

SAICM erkennt an, dass die Maßnahmen verbessert werden müssen, um schädliche Effekte von Chemikalien für die Gesundheit von Kindern, Schwangeren, der fruchtbaren Bevölkerung, Älteren, Armen, Indigenen, Arbeiter*innen und andere sensible Gruppen zu minimieren. Dabei soll die Entwicklung sicherer Alternativen beschleunigt werden, inklusive der von bedenklichen Chemikalien, eines der dringende Politik Themen (Emering Policy Issues, EPI oder Chemicals of Concern) von SAICM. Hierbei setzt es stark auf Risiko Verhinderung, aktive Informationsaustausch und das Beschützen von den meist verwundbaren Gruppen wie Alten, Arbeiter, schwangere Frauen und Kindern. 

Dazu mehr in unseren nächsten Beiträgen!

 


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