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Weltweit mehr als 1,6 Millionen Tote jährlich durch gefährliche Chemikalien

Verhandlungen zu künftigem internationalem Chemikalienmanagement (SAICM 2.0)

02.04.2019 |


 

Weltweit mehr als 1,6 Millionen Tote jährlich durch gefährliche Chemikalien

Die Bundesregierung muss sich für das Ende der weltweiten Bedrohung von Umwelt und Gesundheit durch gefährliche Chemikalien und ein starkes Chemikalienabkommen einsetzen

München/Montevideo. In Uruguay verhandeln in dieser Woche mehr als 400 Vertreterinnen und Vertreter von Regierungen, Industrie und Umweltverbänden über die Zukunft des „SAICM“-Programms der Vereinten Nationen – des „Strategischen Ansatzes für ein Internationales Chemikalienmanagement“. Ziel ist es, den Umgang mit Chemikalien sicherer zu machen, auch über 2020 hinaus, wenn das derzeitige SAICM Abkommen ausläuft. Die Ergebnisse der Verhandlungen in Montevideo fließen im Oktober 2020 in Bonn in eine Ministererklärung ein, die die zukünftige Gestaltung des Folgeprozesses von SAICM (SAICM 2.0) festlegt.

Jährlich sterben über 1,6 Millionen Menschen durch die Einwirkung gefährlicher Chemikalien, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO), und immer mehr Plastik, inklusive umweltgefährdender Chemikalien aus Plastikprodukten, verschmutzen die Meere. Das sind zwei alarmierende Ergebnisse im zweiten UN-Report „Global Chemicals Outlook“, der in dieser Woche vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) im Rahmen der Verhandlungen zu einem Internationalen Chemikalienmanagement in Montevideo präsentiert wurde. Mehr als 400 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mehr als drei Jahre lang Fakten für diesen Zustandsbericht über die Belastung von Mensch und Umwelt durch gefährliche Chemikalien zusammengetragen.

 „Chemikalien belasten unsere Umwelt und Gesundheit zunehmend. Vom Ziel des Weltgipfels in Johannisburg im Jahr 2002, bei dem sich Staatschef*innen darauf verständigt haben, dass im Jahr 2020 keine Gefahren mehr von Chemikalien ausgehen, sind wir weit entfernt“, erklärt Sascha Gabizon, Internationale Direktorin von WECF. „Die Politik muss dringend erkennen, dass Klimaschutz nur ein Aspekt drohender Umweltgefahren ist. Chemikalien belasten Umwelt und Gesundheit entlang ihrer gesamten Produktionskette. Gefährliche Chemikalien müssen, wo möglich, durch weniger schädliche substituiert, besser noch verboten werden.“

Der UN-Report zeigt allerdings auch, dass kaum Besserung in Sicht ist. Während die globale Chemieindustrie 2017 rund 2,3 Milliarden Tonnen Chemikalien hergestellt hat, werden es 2030 doppelt so viele sein, so der Report. Viele dieser Stoffe sind weder auf ihre Umwelt- noch auf ihre Gesundheitsverträglichkeit getestet, sie verseuchen nicht nur Boden, Wasser und Luft, sondern sind darüber hinaus krebserregend, mutagen, schädigen das Erbgut oder stören als so genannte endokrine Disruptoren das Hormonsystem.

 „Nach Aussagen der Internationalen Vereinigung der Gynäkolog*innen und Geburtshelfer*innen (FIGO) kommt fast jedes Kind heute schon vorbelastet zur Welt. Die Politik muss die große Gefahr, die von Chemikalien ausgeht, endlich ernst nehmen und handeln. SAICM braucht nach 2020 einen starken Folgeprozess, der wirklich dazu beiträgt, Umwelt und Gesundheit vor gefährlichen Chemikalien endlich wirkungsvoll zu schützen“, fordert Sascha Gabizon. 

Hier ist besonders auch die deutsche Bundesregierung gefordert. Diese leitet bis 2020 die Verhandlungen über die Zukunft des „SAICM“-Programms der Vereinten Nationen. 

Ein zentraler Punkt der Verhandlungen zu einem effektiven SAICM 2.0, ist die Finanzierung. Vor allem Entwicklungsländer brauchen eine ausreichende Finanzierung, damit sie in der Lage dazu sind, den Einsatz von Schadstoffen auf ihren Äckern und in ihren Produkten zu verhindern.

Mit einer Abgabe von nur 0,1 Prozent des jährlichen Umsatzes aller Chemikalienhersteller weltweit, das wären rund 5,7 Milliarden US-Dollar, könnten die Entwicklungsländer schon entscheidend dabei unterstützt werden, ein wirksames Chemikalienmanagement aufzubauen. 

Auch in Europa gefährden mehr als 60 Prozent aller vermarkteten Chemikalien die Gesundheit, so ein weiteres Ergebnis des neuen UN-Reports. „In Deutschland enthalten Spielsachen immernoch hormonell wirksame Weichmacher, Computer gefährliche Flammschutzmittel, Innenbeschichtungen von Lebensmitteldosen den hormonellen Schadstoff Bisphenol A (BPA). Endokrin wirksame Stoffe werden unter anderem mit Unfruchtbarkeit, Prostata- und Brustkrebs, Diabetes Typ 2 und Übergewicht in Verbindung gebracht. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, sich trotz der Tatsache, dass Deutschland die zweitgrößte Chemieindustrie weltweit hat, für ein ehrgeiziges SAICM-Programm nach 2020 einzusetzen“, so Sascha Gabizon von WECF.

 

Mehr Informationen: Solange Gesetzgebung und internationale Abkommen Verbraucher*innen nicht vor gesundheitsgefährdenden Chemikalien schützen, informiert WECF über seine Infoseite www.nestbau.info und über die App „Giftfrei einkaufen“ darüber, wie Schadstoffe beim Kauf von Produkten und im Alltag vermieden werden können.  

 

Pressekontakt

Johanna Hausmann, WECF - johanna.hausmann@wecf.org, 0173 8010040 

Hintergrund

WECF ist ein Netzwerk von 150 Frauen-, Umwelt- und Gesundheitsorganisationen, mit Sitz u.a. in München - www.wecf.org

Links

Mehr Informationen zu SAICM

FIGO Statement: FIGO Statement, Internationaler Verband der Gynäkologen und Geburtshelfer (Oktober 2015): International Federation of Gynecology and Obstetrics opinion on reproductive health impacts of exposure to toxic environmental chemicals

 

Diese Pressemitteilung finden Sie hier als PDF.