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Boom in organic products in Germany

Various articles related to organic products and labelling in Germany "In Bio ist der Wurm drin" (Text in German and English)

20.02.2006 |Sascha Gabizon




More and more consumers want organic food, but the offer of organically grown food is limited, the ingredients for organic cookies or chocos are scarce. The farmers cannot deliver all the ingredients needed for the many products, that want the organic food label (Bio). As an example were mentioned Lidl, who wants to develop a organic choco bar (riegel), but it was not possible because the ingredients were not available.
 
It seems that this fact is welcome by the EU policy for the planned new EU regulation on Organic food. According to several German experts the planned EU regulations on the trading, processing and production of organic food are weak. 

Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ( National Organisation of Consumer Services) Jochen Leopold vom Forschungsring for Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise (Research group for organic-dynamic agriculture) thinks that the principles of organic agriculture are in danger.

The new EU regulation, is a third shorter than the current regulation: the new regulation would specify how much space a pig needs to have, nor in which way apples are to be treated. Instead it is only mentioned that negative effects on the environment should be minimized and that natural substances have to be preferred before chemical or synthetical substances!

The IFOAM says this regulation is simply not enough. 
The goals could be set for a car firm said Hanspeter Schmidt, a lawyer on EU law from Freiburg. 

The policy board is made up only of members of the Commission. They could do what they want, e.g. permitting organic food to contain GMOs. It seems that the EU agricultural commissioner Marian Fischer-Boel, declared already, that it should be allowed to contaminate organic food with unintended substances such as GMO.

But the Commission still needs the agreement of the member states, before the regulation can be adopted. The position of the German Ministery is still not clear. Time is short, the new regulation is supposed to be adopted this summer. Alexander Gerber from Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (organic food business) said, there is no time left for the development of good opinion. 

Bärbel Höhn, from the German Green Party, is sure: "we cannot allow to drecrease the standards of organic farming at EU level."

Even now already the EU standards are not very strict.




Die Europäische Union will die Richtlinien für Bioprodukte verwässern: Im Entwurf für die neue Ökoverordnung werden aus strengen Regeln vage Kann-Bestimmungen. Verbände und Grüne kündigen Widerstand an. Doch weder Bundestag noch Europäisches Parlament haben ein Stimmrecht.

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Auf die Packung kommt es an

Immer mehr Kunden wollen Bio. Der Nachschub stockt. Da kommt eine geplante EU-Verordnung gerade recht. Sie will die Biokriterien aufweichen

AUS NÜRNBERG HANNA GERSMANN

Öko ist in. Die Biowelt traf sich bis gestern auf der Biofach, der weltgrößten Messe fürs Ökoessen, in Nürnberg - und glänzte. 4 Milliarden Euro, so sagte Wolfgang Gutberlet vom Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), hat die Branche 2005 umgesetzt. "Das sind knapp 15 Prozent mehr als 2004."

Heinz-Bioketchup und Meica-Biowürstchen verkaufen sich gut. Also kreiert De Beukelaer jetzt einen Bioschokokeks. Stollwerck bietet ab April eine Sarotti-Ökoschokolade an. Die traditionellen Hersteller entdecken den milliardenschweren Markt (siehe unten).

Allein: Der Expansionsrausch hat Grenzen. Lidl, so wird in der Branche erzählt, bat Stollwerck dieser Tage, einen Lidl-Bioschokoriegel zu erfinden. Der Kölner Süßwarenherstelller musste ablehnen: Die Zutaten werden knapp.

Die Bauern können die Rohstoffe nicht mehr liefern für die vielen Artikel, die sich mit Ökoemblemen schmücken (siehe Kasten). Nun sorgt die EU-Kommission für Nachschub - mit einer umstrittenen Idee.

"Sie weicht die Biokriterien auf", schimpft Jutta Jaksche vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Jochen Leopold vom Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise sieht gar die "Prinzipien des Ökolandbaus" bedroht. Die Brüsseler Beamten haben eine neue Ökoverordnung ersonnen - einfacher, klarer als die jetzigen 95 Seiten sollte sie werden. Tatsächlich ist sie im Entwurf, Aktenzeichen 2005/0278 (CNS), auf ein Drittel geschrumpft. Denn sie regelt nicht mehr, wie viel Platz eine Sau braucht oder wie ein Apfel gespritzt werden darf. Stattdessen heißt es vage: "Negative Auswirkungen auf die Umwelt" sollen "möglichst gering gehalten werden." Oder: "Natürliche Stoffe" müssen chemisch-synthetischen
"vorgezogen" werden.

"Vollständig ungenügend", urteilt die "International Federation of Organic Agriculture Movement" (Ifoam), weltweiter Dachverband von 330 Ökoverbänden. "Die Ziele könnten ebenso für einen Autokonzern gelten", ätzt Hanspeter Schmidt. Die Kommission, so sagt der Freiburger Verwaltungsrechtler, bediene sich eines Tricks: In der Verordnung spare sie sich die umstrittene Details. Wie sieht ein Acker, ein Stall oder eine Bäckerei in Öko aus? Diese Fragen würden die EU-Beamten dann erst später klären - in einem Verwaltungsausschuss "an Parlamentariern und Staatsministern vorbei".

In dem Ausschuss sitzen nur Mitarbeiter der Kommission. Sie könnten unbehelligt festlegen, dass Ökoessen zum Beispiel gentechnisch manipulierte Zutaten enthalten darf. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel hat bereits erklärt, die "zufällige Kontaminierung" erlauben zu wollen. Bislang ist Gentechnik für alle Biobauern tabu. Die Gefahr, dass Standards kippen, ist groß.

Zunächst ist die Kommission aber auf die Zustimmung der Mitgliedstaaten angewiesen, um die neue Verordnung verabschieden zu können. Die Position der Bundesregierung ist noch unklar. Das Agrarministerium wollte gestern "keine Stellung beziehen". Dabei gibt die Kommission ein straffes Tempo vor. Sie veröffentlichte ihren Entwurf Mitte Dezember letzten Jahres, so dass er zunächst im Weihnachtstrubel unterging. Im Sommer soll die Reform aber bereits verabschiedet sein.

"Für eine gründliche Meinungsbildung bleibt da kein Spielraum", klagt Alexander Gerber vom Bund für Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Für morgen ist seine Organisation mit 30 anderen Verbänden zu einer Anhörung ins Agrarministerium geladen.

Für Grünen-Politikerin Bärbel Höhn steht fest: "Es darf nicht sein, dass die Standards des Ökolandbaus auf EU-Ebene ausgehöhlt werden." Die Vorsitzende im Verbraucherausschuss des Bundestages will "Widerstand leisten". Auch ihr Kollege, der EU-Parlamentarier Friedrich Graefe zu Baringdorf, sagt: "Wir werden uns wehren." Allein: Weder das nationales noch das europäische Parlament hat hier ein Stimmrecht.

Schon bisher waren die Kriterien nicht besonders strikt. "Wer Ökorohstoffe verarbeitet, darf derzeit bedenkliche Substanzen einsetzen", sagt Barbara Hohl von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Beispiel: Plus setze der "BioBio"-Schlagsahne das Verdickungsmittel Carageen zu. Dabei seien Tiere, denen der Stoff aus Rotalgen verabreicht wurde, an Krebs erkrankt. Oder: In Wurst der Marke "Grünes Land" (Metro, Extra, Real) oder "Bio-Wertkost" von Edeka steckt Nitritpökelsalz. Das macht die Wurst haltbar, doch können sich im Magen Krebs erregende Nitrosamine bilden. Resümee des Chefs von der Rapunzel-Naturkost AG, Joseph Wilhelm: "Sichern wir nicht unsere Qualität, droht bald der erste Bioskandal."

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Sattes Geld dank Ökoboom

60 neue Ökosupermärkte wurden letztes Jahr gegründet, die Umsätze in der Branche steigen rapide. Leer gehen die kleinen Läden aus, absahnen können große Ketten wie Aldi, Edeka und Tengelmann

NÜRNBERG taz  Kaufen Sie vegetarischen Brotaufstrich! Nehmen Sie die Portion Bewusstsein mit! Dieses Angebot ist längst aus. Die Zeiten sind vorbei, in denen Läden wie "Löwenzahn" oder "Haferstich" die Konsumkritik mit in die Jutetasche  ackten. Das waren die Siebziger. Heute tragen Menschen Birkenstock zur Designerhose und kaufen Bioeier bei Aldi. Öko kommt an.

Letztes Jahr haben bundesweit 60 Ökosupermärkte neu aufgemacht - so viel wie nie zuvor. Allein in Berlin gibt es 30, so Kai Kreuzer vom Onlinedienst Bio-Markt.Info. Die Läden der neuen Gründungswelle heißen Alnatura oder Basic. "Erdkorn" klingt zwar nach alten Zeiten, doch im ersten Biodiscounter Deutschlands sind die Regale  schlicht, die Gänge breit: Der Gründer, Thomas Hinz, war einst Aldi-Manager. Vom einstigen Wollsockenimage bleibt nicht viel.

Die 15 Unternehmer, die hinter den Bioketten stehen, sind alle keine kleinen Körnerkrämer mehr. Alnatura-Chef Götz Rehn hat in den letzten 5 Jahren 100 neue Mitarbeiter eingestellt. Zurzeit sind auf der Internetseite 15 Stellen ausgeschrieben, immer bildet die Firma bis zu 21 Leute aus. Bemerkenswert: 16 der 25 Führungspositionen besetzen Frauen. Wer seine Umsätze steigert, braucht Personal.

Sattes Ökogeld verdienen mittlerweile aber auch Edeka, Rewe, Tengelmann und Co, die ihr konventionelles Sortiment mit ökologischen Produkten ergänzen. Zahlen für das Jahr 2005 gibt es zwar noch nicht, aber 2004 verkauften die traditionellen Handelsketten Biokartoffeln, -kekse oder -kaffee für 1,28 Milliarden Euro. Sie verdienten damit etwas mehr als die reinen Biomärkte. Abgeschlagen sind die Naturkostläden. Sie machten in derselben Zeit gerade mal 900 Millionen Euro Umsatz. Sie können nicht mithalten - bei den Preisen.

Im Naturkostladen zahlt der Kunde schon mal 99 Cent für den Liter Milch. Bei Edeka kostet er 75 Cent. Derselbe Preis bei Plus. Die Kette startete letztes Jahr eine große  Biooffensive. Die Einkaufsmacht der traditionellen Ketten ist enorm. Die Biolieferanten fühlen sich geknebelt. "Aldi und Plus kaufen weltweit nur nach Preis", kritisiert Bioland-Chef Thomas Dosch.

In der Region wirtschaften, Jobs schaffen, Umwelt schonen - die Grundsätze der Biopioniere schwinden. Allen, denen die "Bioschiene" der großen Ketten zu billig vorkommt, rät Jörg Kunz von der Berliner Ökostrategieberatung, jetzt "die Nische in der Nische suchen". Naturkostläden könnten sich als Fachgeschäft für Obst und Gemüse, für Torten und Kaffee profilieren. Kunz: "Klein - mit persönlicher Note." Die Vorstellung ist verlockend trendy: Sie klingt nach Bio im Retroschick.

HANNA GERSMANN

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Seehofer muss das Label "Bio" retten

Kommentar von Reiner Metzger

Die Biobranche boomt derart, dass in einigen Bereichen der Nachschub knapp zu werden droht. Das ist erfreulich, denn je mehr Biolebensmittel produziert werden, desto besser für die Umwelt. Und Arbeitsplätze werden auch zu tausenden geschaffen. Allerdings kommen in diesem traditionell als "alternativ" abgehefteten Bereich nun immer neue Spieler hinzu. Wenn in einem Sektor Milliarden Euro pro Jahr umgesetzt werden, interessieren sich auch die Konzerne dafür. Und wenn Lidl, Rewe und Co. in immer größerem Maße einsteigen, droht der Branche eine völlige Neuordnung.

Das ist an sich keine Katastrophe: Der Biomarkt kann sich ebenso wie andere Märkte so entwickeln, dass auch für traditionelle Biolandwirte, -verarbeiter und -verkäufer noch genug zum Leben bleibt. Er kann aber auch vor die Hunde gehen, mit völlig unterbezahlten Bauern und bankrotten mittelständischen Firmen. Das hängt davon ab, wie die weitere Expansion gemanagt wird: Sie darf nicht zu schnell und nicht zu bruchstückhaft verlaufen.

Genau hier droht die Europäische Union mit ihrer neuen Richtlinie zum Ökolandbau in die falsche Richtung zu steuern. Der jetzige Entwurf verwässert die Biokriterien und verbietet sogar den strikteren Bioverbänden, ihre Vorteile vergleichend herauszustellen. Und die wichtigen Details samt Kontrolle wäre allein den Verwaltungen in Brüssel und den einzelnen Ländern überlassen, die Bioverbände wären weit weniger beteiligt als bisher. Das öffnet Tür und Tor für lax produzierte Bioware zweiter Klasse, die dann dankbar von den großen Ketten unters Volk gebracht wird. Alles irgendwie "Bio" gelabelt, der Rest ist egal.

Wenn der EU-Richtlinienentwurf so durch die Instanzen käme, wäre das Label "Bio" entwertet. Hier muss die Bundesregierung eingreifen, auch wenn der Bioanbau traditionell keine Herzensangelegenheit der beiden großen Volksparteien ist. Vom neuen Verbraucherminister Seehofer kann man verlangen, dass er sofort eine Initiative startet, um die neue Richtlinie noch hinzubiegen. Immerhin ist der Ministerrat die bestimmende Größe im betreffenden Verfahren. Also bitte keine Ausreden und die schöne Pflanze Biolandbau nicht zertreten!

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[Kasten]

Für die, die's wirklich wissen wollen: Der kleine Label-Führer

BIOSIEGEL: Das staatliche Siegel garantiert bislang artgerechte Tierhaltung, Verzicht auf Ackergifte und Gentechnik. Auf dem Produkt muss ein Code nach dem Schema: "DE-000-Öko-Kontrollstelle" stehen. Die Hersteller müssen sich an die EU-Öko-Verordnung halten - den Minimalstandard für alle Biobetriebe. Nur wer ihn erfüllt, darf die Begriffe "biologisch" oder "ökologisch" benutzen. www.bio-siegel.de

BIOLAND ist der größte private Anbauverband: 4.540 Biobauern und 720 Lebensmittelhersteller haben sich darin zusammengeschlossen. Sie arbeiten nach Richtlinien, die strenger sind als die EU-Öko-Verordnung. So darf ein Schokoriegel mit Biosiegel bis zu 5 Prozent konventionelle Zutaten enthalten, bei Bioland nicht. www.bioland.de

DEMETER ist auch ein privates Biolabel. Demeter-Betriebe haben die strengsten Vorschriften. Die Wirtschaftsweise ist "biologisch-dynamisch". Die Bauern ernten zum Beispiel nach bestimmten Mondphasen. www.demeter.de

NEULAND labelt nur Fleisch und Eier. Die Bauern ackern konventionell und dürfen Spritzmittel einsetzen. Dafür werden die Tiere artgerecht gehalten: Sie leben in Ställen mit viel Tageslicht und Auslauf. Genfutter ist tabu, der Weg zum Schlachthof kurz. www.neuland-fleisch.de

EIGENMARKEN: Neben den Siegeln gibt es Marken wie "Naturkind" (Kaisers, Tengelmann) "Biobio" (Plus), "Grünes Land" (Metro, Extra, Real) und "Füllhorn" (Rewe, Minimal).

ACHTUNG, FALLE! Formulierungen wie "naturnah" und "aus kontrolliertem Anbau"
sind nicht gesetzlich geschützt.

HG
taz vom 20.2.2006, S. 1, S. 3